Schwesterlichkeit über Grenzen hinweg
Ein Dialog über Kunst, Identität und Verständigung
Am 27. Mai 2025 kamen unter dem Motto „Schwesterlichkeit über Grenzen hinweg“ muslimische und jüdische Frauen zu einem besonderen Treffen zusammen. Eingeladen durch Maimonides jüdisch-muslimisches Bildungswerk, versammelten sich engagierte Stimmen aus verschiedenen kulturellen Kontexten, um die jüdisch-muslimischen Beziehungen neu zu beleben und den Dialog über gemeinsame Wurzeln, Identitäten und Ausdrucksformen zu vertiefen. Es war ein Tag voller inspirierender Gespräche, ehrlicher Reflexionen und mutiger Visionen.
Die Veranstaltung fand in hybrider Form statt. Teilgenommen haben jüdische Frauen aus Israel und muslimische Frauen aus Deutschland. Zu Gast beim Maimonides Bildungswerk war die jüdische Soziologin Natalie Baruch aus Israel, die mit ihrer Perspektive wichtige Impulse setzte.
Gemeinsame Wurzeln, vielfältige Stimmen
Mizrachi und muslimische Identitäten im Gespräch
Der Tag begann mit persönlichen Vorstellungsrunden und einem offenen Austausch über Erfahrungen mit kultureller Marginalisierung – sowohl in Israel als auch in Deutschland. Im Zentrum standen Fragen nach geteiltem Erbe, Identität, der Rolle von Kunst, Zensur und der Bedeutung von Inklusivität.
Alona vom Mizrachi Civic Collective stellte die Arbeit dieser Graswurzelbewegung vor, die sich für das arabisch-jüdische Erbe und die Sichtbarkeit der Mizrachi-Gemeinschaften einsetzt. Sie berichtete von lokalen Vertrauensaufbauprojekten, politischen Kampagnen – etwa zur Geiselbefreiung – und dem Widerstand gegen den Gaza-Krieg. Shlomit, Mitbegründerin des Kollektivs, sprach über ihre iranisch-jüdischen Wurzeln und kritisierte die politische Rechtsverschiebung innerhalb der Mizrachi-Community in Israel. Ihre Beiträge machten die Dringlichkeit und Vielschichtigkeit des Themas deutlich.
Kunst als Brücke
Ausdruck von Identität und Widerstand
Ein zentrales Thema war die Rolle der Kunst als Spiegel persönlicher und kollektiver Identität. Shula Keshet, CEO von Achoti for Women in Israel, betonte die Kraft künstlerischer Zusammenarbeit für soziale Gerechtigkeit. Sie erzählte von einem Selbstporträt, das islamische Elemente aufgreift – zensiert von einem aschkenasischen Kurator in einem Jerusalemer Museum, aber positiv aufgenommen in Saudi-Arabien. Diese Anekdote eröffnete eine tiefgehende Diskussion über Zensur und die Notwendigkeit eines inklusiveren, multikulturellen Kunstverständnisses. Sie ergänzte mit Einblicken in die Werke palästinensisch-israelischer Künstlerinnen wie Anisha Ashkar, Fatma Shlan und Hanan Abu Hussein – starke Stimmen, die Identität, Kultur und Geschlechterfragen künstlerisch verhandeln.
Vom Dialog zur Tat
Konkrete Schritte für Verständigung
Das Treffen war nicht nur ein Austausch, sondern ein Startpunkt für konkrete Projekte. Statt vager Absichtserklärungen wurden klare Maßnahmen beschlossen:
- Achoti organisiert ein Online-Treffen mit israelisch-palästinensischen und Mizrachi-Künstler*innen.
- Beide Partnerorganisationen unterstützen mit ihren Netzwerken und einem dreisprachigen Künstlerbuch.
- Das Mizrachi Civic Collective setzt seine Arbeit zur Sichtbarmachung des muslimisch-jüdischen Erbes fort.
- Geplant sind Veranstaltungen zu Kunst und ein Dialogformat für Menschen mit multikulturellem Hintergrund.
Ziel ist es, Multikulturalismus aktiv zu fördern – in den eigenen Gemeinschaften und darüber hinaus.
Ein Aufruf zur Wiederbelebung
Hoffnung durch gemeinsame Kultur
Mustafa Cimşit eröffnete das Treffen mit einem eindringlichen Appell: Die jüdisch-muslimischen Beziehungen befinden sich in einer Krise – und es ist an der Zeit, sie neu zu beleben. Die Gespräche des Tages machten deutlich: Trotz politischer Spannungen gibt es ein tiefes Bedürfnis nach Verständnis, Solidarität und gegenseitigem Respekt. Gemeinsame kulturelle Wurzeln und die verbindende Kraft der Kunst bieten eine starke Grundlage für neue Brücken – über Grenzen hinweg.
Wir danken allen Beteiligten für ihre Offenheit, ihren Mut und ihre Visionen.
Bleiben Sie dran – wir freuen uns auf die Fortsetzung dieses wichtigen Dialogs!